Meine ganz persönliche Verkostung der Oktoberfestbiere 2024

Zum Besuch auf der Wiesn lass ich mir eine Verkostung der 6 Oktoberfestbiere natürlich nicht nehmen und besuche das Museumsstüberl.

Biersommelier Kollege Paul Riedel lädt uns zu einer Bierverkostung mit internationalem Publikum ein, und wir erfreuen uns an den vornehmlich amerikanischen bierdurstigen Teilnehmern, die von Paul sehr viel Wissenswertes zu deutscher Brautradition, der Münchner Bierkultur und auch ganz allgemein zu Biergenuß & Gesundheit erfahren.

Nun gehts "an die Arbeit" einer Biersommeliere und es stehen 6 Verkostungsproben der 2024er Wiesn-Biere vor mir.

Ich nehm euch nun knapp und kurz durch meine Verkostungsnotizen mit (im Alphabet rückwärts), wobei wir den Aspekt "der Bierfarbe" hier vernachlässigen - zum einen sind die Biere ähnlich in der Farbe, zum anderen ist es im Museumsstüberl so gemütlich dunkel, dass eine Bewertung der Farbe nicht sinnvoll war:

Spaten 5,9%
Das Spaten Bräu Oktoberfestbier kommt mit einer ausgeprägten malzigen Süße daher, die dem Bier eine angenehme Vollmundigkeit verleiht. Dennoch bietet es eine gute Drinkability ("Durchtrinkbarkeit"), sodass ich mir gut vorstellen kann, davon auch eine Maß zu trinken. Leichte hopfige Noten sorgen für eine harmonische Balance, die das Bier geschmacklich etwas komplexer macht, ohne es zu überfordern. Insgesamt ein ausgewogenes Festbier, das süffig und gleichzeitig wohltuend komplex ist.

Paulaner 6%
Anders beim Paulaner Oktoberfestbier, welches ich als recht mächtig und schwer empfinde, denn mit einem kräftigen Malzkörper, dem bitteren Abgang und einem höheren Alkoholgehalt wirkt es deutlich vollmundig und sättigend -> im Fazit würde ich es eher nicht direkt als Maß bestellen, aber vielleicht als Halbe ganz passend und kräftig-vollmundig schätzen. 

Löwenbräu 6,1%
Das Löwenbräu Oktoberfestbier bietet im Antrunk eine frische, zitrusartige Note, die sich dann mit malzigem Honigkaramell vermischt und in einer verbleibenden leichten Bittere mündet. Hmm .... ja ..... schauen wir mal, was noch so kommt ....

Hofbräu 6,3%
Der erste Antrunk hatte mich direkt beeindruck, und das Hofbräu zu meinem Favoriten gemacht. Es ist schön ausgewogen, mit einem vollmundigen Körper und einer gut eingebetteten Malzigkeit. Eine angenehme Bittere verleiht dem Bier Struktur und sorgt zunächst für eine erfrischende Balance. Im Verlauf wird die Bitterkeit jedoch dominanter, was letztendlich die Drinkability etwas beeinträchtigt, und wieder stelle ich mir die Frage: würde ich davon eine Maß .... (oder zwei oder drei) trinken wollen?

Hacker Pschorr 5,8%
Das Bier kommt eher lieblich mit einem leichteren Körper daher, was es zwar weniger schwer und leichter trinkbar macht (es ist ja auch das "Leichtgewicht" unter den Oktoberfestbieren), aber irgendwie ist es auch weniger beeindruckend - ich vermisse etwas an harmonischer Tiefe. Dennoch ein Bier, das sich bestimmt gut in der Maß trinken lässt! 

Augustiner 6,3%
Hier sei nun doch auch die Optik erwähnt, da es das deutlich Hellste der verkosteten Oktoberfestbiere ist. Geschmacklich begegnet es mir mit einer erfrischenden Zitrusnote, die ihm eine leichte Frische verleiht. Der schlanke malzbetonte Körper sorgt für eine angenehme Balance und macht das Bier vollmundig, ohne zu schwer zu wirken. Durch diese Kombination ist es für mich mein persönlicher Favorit der  Oktoberfestbiere 🎉 süffig feiner Geschmack und beste Drinkability, für "längere Trinkrunden" auf der Wiesn 🍻

 

 Was hier recht wild aussieht, hat durchaus System - wer erkennts?

Im Fazit also, nach eingehendem verkosten und vergleichen, mein persönliches Ranking:
1. Augustiner Bräu
2. Hofbräu
3. Spaten
4. Löwenbräu
5. Hacker Pschorr
6. Paulaner

Und wieso sinds jetzt nur 5 Kronkorken? Ja weil das Hacker natürlich in der Bügelflasche daher kommt!

Eigentlich dürften ja nur in München ansässige Brauereien dort ihr Bier ausschenken, aber Paul weißt uns schon darauf hin, dass 4 der vertretenen Brauereien mittlerweile internationalen Konzernen angehören: Paulaner und Hacker gehören zu Heinecken (30%) und Spaten / Löwenbräu gehören zum weltgrössten Bierkonzern AB InBev. Verbleiben noch das Hofbräu als Staatsbrauerei und die eigentlich einzige Privatbrauerei Augustiner Bräu, welche in privaten Händen liegt, sowie von einer Stiftung verwaltet wird.

Fragt sich nun, ob sich diese Eigentumsverhältnisse geschmacklich auf die Biere auswirken, oder ob wir beim Verkosten etwa "befangen" waren 🫨
Zweites möchte ich verneinen, da wir mit allen Bieren schon gesellige Oktoberfest-Zeiten erlebt haben und somit sogar eine positive "emotionale" Bindung hergestellt hatten - und da die tatsächlich "geschmacksorientiert" von uns verkostet wurden.
Ersteres kann ich mir sehr gut vorstellen, denn das Brauen in überdimensional grossen Konzernstrukturen mit dem Ziel einen breiten Geschmack zu bedienen und v.a. ein sehr stabiles, immergleiches, lange haltbares Produkt herzustellen -> mündet in einem, zwar sauberen", aber für meinen Gaumen auch etwas klinisch-konserviertem Bier. ich persönlich bevorzuge da eher Biere, welche eine Lebendigkeit und Frische mit sich bringen.

Weiter gehts mit zwei Festbieren, welche nur ausserhalb der Wiesn zu bekommen sind:

Bei den Kollegen in der Bierothek freuen wir uns Dario von der Munich Brew Mafia zu treffen, und er lädt uns direkt zu seinem Festbier, der "Mords Gaudi" mit 5,8%, ein 🍻

Das Mords Gaudi Festbier der Munich Brew Mafia kommt zwar in der handlichen 0,5l Flasche daher (und ist vielleicht nicht für den klassischen Maßkrug gedacht), aber das gibt ihm Raum, etwas komplexer zu sein – wie man es von einem Craft-Festbier erwartet. Ein modernes Festbier mit einer dezenten, aber präsenten Hopfennote, die dem Geschmackserlebnis einen kleinen Extra-Kick verleiht, ohne dabei zu überladen zu wirken. Vielleicht lohnt es sich doch, es mal als Maß zu probieren?! 🥳🍻

Finally ein Stop im Giesinger Stehausschank:
Das Giesinger Festbier hat eine schöne geschmeidig weiche Textur und läuft harmonisch vollmundig den Gaumen hinunter 😋auffallend ist die betonte Malzaromatik mit einer leichten Röstmalznote - und es fällt auf: es ist das Dunkelste der verkosteten Festbiere. Eine subtile Hopfenaromatik balanciert das Bier angenehm aus und macht es zu einem vollmundigen, charaktervollen Festbier.

Und damit ist mein Durst nach Wissen (und Oktoberfestbier) für dieses Jahr gestillt – und ich freu mich dann aufs nächste Jahr, wenn wieder o'zapft wird 🍻

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